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Keine Angst – Kolumne von Gery Seidl

Gery Seidl

Angst ist generell ein schlechter Begleiter. Wie viele Erlebnisse hat jeder von uns schon hinter sich, bei denen er sich im Nachhinein gewundert hat, warum er sich davor gefürchtet hat? Doch gibt es auch Erlebnisse, wo man sich danach denkt: „Eigentlich hätte ich mich fürchten müssen.“

Die Medien suggerieren uns ständig, wovor wir uns fürchten müssen. Vor zu viel Cholesterin, vor der Klimaerwärmung, vor Korruption, vor dem Verlust von Hab und Gut durch Feuer, Hagel, Blitz und Dieben. Vor Krebs. Vor Übergewicht. Ständig bekommen wir eine neue Gefahr präsentiert. Das Leben ist nicht nur lebensgefährlich, sondern auch tödlich.

Wenn wir uns dieser Gefahr einmal bewusst geworden sind, sind wir nur noch der Religion beziehungsweise ihren Vertretern ausgeliefert, die uns für die Zeit danach ein Rüstzeug verkaufen wollen. Gemeinsam wählen wir alle fünf Jahre eine neue Regierung. Und alle fünf Jahre verspricht uns eine angelernte Führungsperson, dass sie auf uns „aufpasst“ und wir mit ihr/ihm an der Spitze keine Angst zu haben brauchen.
Sie regeln unsere Pensionen und doch bekommt man immer weniger. Sie kümmern sich um unser Gesundheitssystem und doch bekommen schon lange nicht mehr alle von uns die gleiche Behandlung zugesprochen. Sie alle sind „Experten“ und doch werde ich das Gefühl nicht los, dass letztlich keiner genau weiß, wohin dieses Schiff steuert. In den Gemeinden, in den Bundesländern, in Europa und Übersee – weil sich die Spielemacher nicht zeigen.

Es sind Interessensvertreter, die uns managen, und dass, so lange sie geduldet sind. Wenn sie in Ungnade fallen, werden sie ausgetauscht. Mit vergoldeten Handshakes ziehen sie sich in ihre Landhäuser zurück und genießen ungestraft den Lebensherbst.

Soll ich mich jetzt fürchten? Und wenn ja, wovor? Wo wären wir ohne Angst? Weiter? Glücklicher? Reicher? Tot? Gibt es nicht auch eine gesunde Angst? Einen Urinstinkt, einen Löwen in freier Wildbahn nicht zu reizen?

Ich fürchte mich nicht! Ich versuche zwischen den Zeilen zu lesen. Tatsachen, die sich logisch nicht erklären lassen, können wir entweder ignorieren oder solange nachfragen bis wir uns zu ihrem Ursprung durchgerungen haben. In einer Vielzahl der Fälle wird die Erklärung der wirtschaftliche Profit von einigen Wenigen sein. Wenn wir das verstanden haben, können wir es für uns ändern.

Es ist für mich nicht logisch erklärbar, warum eine Tomate aus Spanien, die eine Europarundfahrt hinter sich hat, billiger zu erwerben ist, als der Paradeiser aus dem Nachbarbundesland. Wird der Transport gefördert? Wird also dadurch das Produkt mit jedem gefahrenen Kilometer billiger? Ja! Das kann sein. Jetzt ist es logisch, wenn auch völlig unklar. Dankeschön!

Macht es mir Angst? Nein! Zugegeben, es verängstigt mich. Doch wo Menschen sind, passieren Fehler. Die Muster sind immer die Gleichen, denn die Verlockung ist riesengroß für die, die am Futtertrog sitzen. So ist der Mensch gestrickt. Aber zum Glück nicht jeder. Ich merke, dass immer mehr kleine Gruppen entstehen, die neue Wege einschlagen. Themen wie Nachhaltigkeit, Ressourcenschonung, Biodiversität und vieles mehr bringen Menschen für Menschen im kreativen Austausch zusammen. Weg vom Profit. Weg von der Überproduktion. Ein wenig Weniger ist oft mehr.
Wer bin ich? Wo bin ich? Was bin ich und was brauche ich um glücklich zu sein?

Die Lösung liegt in der Wiege. Eine der größten Aufgabe von Eltern sehe ich darin, die Kinder in ihrem Selbst zu stärken um ihnen die Angst vor dem Draußen zu nehmen. Die Angst nicht zu genügen und den Herausforderungen der Gesellschaft nicht standhalten zu können. „Du bist gut, so wie du bist! Herzlich willkommen auf der Welt. Entdecke sie und mache sie zu einem besseren Ort. Folge deinem Herzen und es wird gelingen. Hab keine Angst etwas anzufangen, etwas aufzugeben, etwas zu verändern.“

„Die Masse hat nicht immer recht. Es gibt keine Garantie dafür, dass die Gesetze von heute morgen noch relevant sind.“

Mehr ist es nicht, aber auch nicht weniger. Die Masse hat nicht immer recht. Es gibt keine Garantie dafür, dass die Gesetze von heute morgen noch relevant sind. Die Geschichte beweist es. Wir befinden uns in einem ständigen Wandlungsprozess. Das ist gut! Der Glaube an eine bessere Welt wird uns eher zu ihr führen als die Angst davor, dass sie untergeht. Denn zu Tode gefürchtet, ist auch gestorben. In diesem Sinne: „Los geht´s. Es kann uns nichts passieren.“ Passen wir aufeinander auf. Viel Spaß!

„Der Glaube an eine bessere Welt wird uns eher zu ihr führen, als die Angst davor, dass sie untergeht.“

Foto/Video: Gary Milano.

Geschrieben von Gery Seidl

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